Cymatopleura solea zu Beginn der Kultivierung
(30-facher Zeitraffer)

Überlagerungsbild aus allen Frames des Videos
(zum Vergrößern anklicken)

 

Änderung der Bewegungsbahnen von Cymatopleura solea infolge der Verkleinerung der Zellen

Wie in der Einleitung beschrieben wurde, entstehen bei einer vegetativen Teilung eine gleich große und eine kleinere Diatomee (Gesetz von Pfitzer und MacDonald). Startet man die Kultivierung mit einer einzelnen Zelle und erzeugt eine Folge von Batch-Kulturen, indem man aus einer Mutterkultur immer eine größere Anzahl von Diatomeen entnimmt und damit die nachfolgende Kultur beimpft, so beobachtet man eine allmähliche Verkleinerung der Zellgrößen. Jede Kultur wird mit einer Stichprobe aus der Mutterkultur begonnen. In Folge der vegetativen Teilungen, sinkt in jeder Kultur der Mittelwert der Größe.

Bei dieser Verkleinerung der Zellen verringert sich im Wesentlichen der Abstand der Apizes. Die transapikale Ausdehnung ändert sich vergleichsweise wenig. Deshalb sind die Zellen unterschiedlicher Größe nicht zueinander ähnlich, sondern weisen unterschiedliche Proportionen auf.

In den vorhergehenden Beiträgen wurde der Zusammenhang zwischen Bahnen der Diatomeen und der Form der Raphen diskutiert. Da sich die Proportionen der Diatomeen und damit die Krümmungsradien der Raphen bei sukzessiver Verkleinerung ändern, ist zu erwarten, dass sich auch die Eigenschaften der Bahnkurven ändern. Dies soll nachfolgend am Beispiel von Cymatopleura solea gezeigt werden.

Diatomeen der Spezies Cymatopleura solea wurden am 25. März 2017 in einer Probe des Ebnisees (48°55'25.5"N 9°36'32.8"E) gefunden, isoliert und in klonaler Kultur gehalten. Das Beimpfen von neuen Kulturen erfolgte etwa alle zwei Wochen, wobei jedes Mal eine größere Anzahl von Zellen (in der Größenordnung von 100) in eine neue Nährlösung überführt wurde. Das Video oben zeigt in 30-fachem Zeitraffer einen Blick in eine solche Kultur am 16. Mai 2017. Die Diatomeen besaßen zu diesem Zeitpunkt noch eine nahezu einheitliche Länge von etwa 160 µm. Rechts daneben ist ein Überlagerungsbild gezeigt. Offenbar verlaufen die Bahnen zwischen den Umkehrpunkten und Orten von Kollisionen gerade bis leicht gekrümmt.

Im Februar 2019, also fast zwei Jahre nach Beginn der Kultivierung, hatte sich die Form der Diatomeen stark verändert. Die charakteristische Geigen-ähnliche Form in Valvenansicht war nur noch bei den längsten Diatomeen zu erkennen. Unterhalb einer bestimmten Länge (ca. 50 µm) ist die Diatomee in Valvenansicht konvex. Die Diatomeen mit der stärksten Verkürzung weisen eine auffällige Ähnlichkeit mit Cymatopleura elliptica auf. Das Bild links (zum Vergrößern anklicken) zeigt vier Valven mit abnehmender Länge (63 µm, 54 µm, 43 µm, 36 µm). Durch die angewandte Überlagerung von Schärfenebenen tritt die gewellte Oberfläche der Valven kaum in Erscheinung. Sie ist vermutlich weniger ausgeprägt als bei Cymatopleura elliptica.

Die Bewegung der Diatomeen ist im nachfolgenden Video links in Zeitraffer (20-fach bei geringer Vergrößerung, 10-fach bei allen höheren Vergrößerungsstufen) zu sehen.

Die erste Sequenz wurde in einer Kultur aufgenommen, in der eine starke Ablagerung von EPS vorlag, welche die Bewegung beeinflusste. Die nachfolgenden Sequenzen wurden mit Diatomeen angefertigt, die vorher aus einer Kultur entfernt wurden. Man erkennt im Vergleich zur ursprünglichen Kultur stärker gekrümmte Bahnen. Dies ist vermutlich eine Folge der stärker gekrümmten Raphen. Bei den kürzesten Diatomeen sind Drehungen häufig. Diese Bewegungsform erinnert nicht zufällig an die Bewegung von Cymatopleura elliptica, wie sie im Video rechts daneben zu beobachten ist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Trajektorien von motilen Diatomeen auch von der Anzahl der Verkleinerungsschritte abhängt, die durchlaufen wurden. Dies gilt sicher nicht nur für die hier betrachtete Spezies Cymatopleura solea.