Kulturen mit Beleuchtung

 

Licht und Beleuchtung

Wie alle Algen betreiben Diatomeen Photosynthese. Sie assimilieren anorganisches Kohlendioxid und wandeln es in organische Stoffe um. Aus diesem Grund ist es erforderlich, Diatomeen im Licht zu kultivieren.

Gesammelte Proben kann man gut einige Tage an einem schattigen Fenster aufbewahren. Lichtstress durch direkte Sonneneinstrahlung sollte man nämlich vermeiden.

Eine Algenkultur erhält man jedoch besser mit einer künstlichen Lichtquelle. Man hat definierte Bedingungen, kann Helligkeit und Beleuchtungsdauer variieren und ist weder vom Wetter noch der Jahreszeit abhängig. Dies ist vorteilhaft, selbst wenn man keine größeren Biomassen gewinnen will. Zur Auswahl der Leuchtmittel seien hier einige Anmerkungen gemacht.

Spektrum

Die folgende Darstellung zeigt die Absorptionsspektren der Pigmente (1 mM in Aceton, a) und eines Lichtsammelkomplexes (FCPa aus Cyclotella meneghiniana, b): 

Absorptionsspektren der Pigmente und eines Lichtsammelkomplexes
Darstellung entnommen aus "Untersuchungen zur Struktur und Funktion von photosynthetischen Proteinen in Eukaryoten" (www.bio.uni-frankfurt.de/43967656/forschung) mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Claudia Büchel, Institut für Molekulare Biowissenschaften, Goethe Universität, Frankfurt am Main


Wie bei Grünalgen und Landpflanzen zeigt das Absorptionsspektrum Maxima im Blauen und im Roten. Carotinoide wie das bereits erwähnte Fucoxanthin ermöglichen darüber hinaus eine Ausnutzung  des Lichtes auch im Grünen. Diese Fähigkeit verschafft ihnen einen Vorteil gegenüber Grünalgen. Es ist deshalb durchaus sinnvoll, Diatomeen grünes Licht anzubieten.

LED-Pflanzenlampe

Spektrum der LED-Pflanzenlampe

Spektrum einer Leuchtstofflampe Fleurleigt von Narva

In der Natur erhalten Diatomeen ein durch das Wasser gefiltertes Sonnenlicht. Einige Meter unter der Wasseroberfläche ist der Rotanteil bereits recht gering. Planktisch lebende Spezies besitzen keine aktive Eigenbeweglichkeit und müssen mit weißem ungefiltertem Sonnenlicht und blauem Licht in unterschiedlichen Helligkeiten zurechtkommen. Daraus kann man schließen, dass die Anforderungen an eine Beleuchtung der Kulturen nicht sehr kritisch sein können. Eine Optimierung der Ausbeute steht bei uns zudem nicht im Fokus.

Sehr ungünstig ist die Haltung von Diatomeen in ausschließlich oder überwiegend rotem Licht. In Rotlicht sind diese nicht in der Lage, dessen Intensität zu messen. Ihre Vermehrung ist stark eingeschränkt (Schellenberger, Costa et al. 2013). Offenbar muss das im Blauen empfindliche Aureochrom angesprochen werden, welches mit dem im Roten empfindlichen Phytochrom wechselwirkt, damit eine Helligkeitsmessung und Anpassung des Zellstoffwechsels erfolgen kann.

Versuche der Kultivierung im Licht weißer LED-Lampen mit niedriger Farbtemperatur waren bei uns nicht erfolgreich, was an dem geringen nutzbaren Blauanteil liegen dürfte. Es gibt jedoch für Aquarien LED-Beleuchtungen, die sich gut eignen dürften.

Man könnte eine herkömmliche Glühbirne mit einem blauen Filter zur Kultivierung verwenden. Nimmt man als Filter eine Lösung von Kupfersulfat in Wasser, lässt sich das Spektrum des Sonnenlichtes in einigen Metern Wassertiefe gut nachbilden (Davis, Harrison, Dugdale (1973)). Angesichts der immensen Verschwendung von Primärenergie ist das keine praktikable und zeitgemäße Lösung für die Kultivierung.

Im Bild oben ist in der Mitte eine LED-Pflanzenlampe (Lunartec FAST GROW PRO Ø 125 mm - Blau: 460 - 465 nm, Rot: 625 - 630 nm) zu erkennen, die blaue und rote LEDs besitzt (siehe Bild links) und vor allem für Landpflanzen angeboten wird, sich aber gut für Diatomeen bewährt hat. Die Herstellerangaben geben offenbar einen Bereich um die Maxima der roten und blauen LEDs an. Unterhalb der Lampe ist das Spektrum wiedergegeben, das von uns mit einem Spektroskop aufgenommen wurde. Die Breite der roten und blauen Bänder ist so groß, dass auch die rote LED zur Photosynthese der Diatomeen beitragen kann.

Gut eignen sich herkömmliche Leuchtstofflampen mit einer hohen Farbtemperatur von etwa 6000 Kelvin wie sie für den Bürobereich angeboten werden. Dies ist die kostengünstige Art der Beleuchtung.

Auf dem ersten Bild der Seite sieht man links Kulturen, die durch die Leuchtstofflampe für Pflanzen LT - T8 18 W FLEURLIGHT von NARVA beleuchtet werden. Ihr Emissionsspektrum ist links abgebildet (mit freundlicher Genehmigung von NARVA Lichtquellen GmbH + Co. KG).

Sehr zufrieden bin ich auch mit der Leuchtstofflampe Biolux 965 von Osram. Inzwischen ist der Bereich der Allgemeinbeleuchtung ausgegliedert in die LEDVANCE GmbH. Leider liegt von LEDVANCE keine Zustimmung zur Wiedergabe des Emissionsspektrums auf dieser Seite vor. Man findet es unter diesem Link. Diese Leuchtstofflampe ahmt das Tageslicht nach und wird häufig bei der Haltung von Reptilien, aber auch Vögeln und Fischen verwendet. Die Farbtemperatur ist mit 6500 Kelvin sehr hoch. Wie das Spektrum zeigt, ist auch ein beachtlicher Anteil von UV-A (380 nm bis 315 nm) vorhanden. Petrischalen aus Polystyrol absorbieren in hohem Maße UV-Licht, so dass davon in den Kulturen wenig ankommen dürfte. Einen schädlichen Einfluss konnte ich im Vergleich zu den anderen Lampen nicht beobachten.

Lichtintensität

Wie erwähnt, müssen Diatomeen sich auf stark wechselnde Lichtverhältnisse einstellen können. Da bei unseren Anwendungen die Lebensdauer der Kultur und nicht der Ertrag an Biomasse im Vordergrund steht, halten wir die Lichtintensität am Ort der Diatomeen relativ gering.

Im Allgemeinen hängt die Auslegung der Beleuchtung von der Art der Kulturen ab. Bei größerem Kulturgefäß und hoher Zelldichte ist eine höhere Helligkeit der Beleuchtung erforderlich, um hinreichend weit in die Kultur einzudringen. Von der Kultivierung in Petrischalen über Erlenmeyerkolben bis hin zu großen Gefäßen steigen die erforderlichen Intensitäten (siehe www.fao.org/docrep/003/w3732e/w3732e06.htm#b12-2.3.1.2.%20Light). Zudem wird eine Durchmischung der Kultur immer wichtiger. Übrigens wird für große Kulturen auch eine Durchlüftung erforderlich.

Phototaxis bei N. sigmoideaBei niedrigen Lichtintensitäten steigt die Wachstumsrate linear mit der Intensität (beobachtet an Ditylum brightwellii). Bei höheren Intensitäten flacht die Funktion ab (Paasche (1968)). Wir kultivieren Kieselalgen zwischen 200 Lux und 600 Lux. Dies liegt weit über dem Lichtkompensationspunkt und vermutlich im linearen Bereich. Die Helligkeit ist abhängig von der Stelle, wo die Petrischale platziert wird und kann nach Bedarf ausgewählt werden.

Es wurde gezeigt, dass die Lichtanforderungen an die verschiedenen Spezies unterschiedlich sind. Bekanntlich zeigen manche motile Arten Phototaxis. Sie steuern die Dauer der Bewegung in einer Richtung so, dass sie günstiger Bedingungen erreichen. Bei geringen Lichtintensitäten ist eine positive, bei hohen Intensitäten eine negative Phototaxis zu erwarten. Das kann man nutzen, um eine günstige Helligkeit zu finden (Hinweis von Dr. Oliver Skibbe). Stellt man eine Leuchtstofflampe senkrecht auf (rechts oben im Bild), so können sich die Diatomeen auf die Lichtquelle zu oder von ihr weg bewegen. Zudem entsteht innerhalb der Petrischale ein Helligkeitsgradient. Im Bild links sieht man eine Kultur von Nitzschia sigmoidea, in die ein Ring aus dünnem Stahlblech eingesetzt wurde. Er liegt nur an wenigen Punkten am Boden auf, so dass Diatomeen leicht zwischen dem äußeren und inneren Bereich wechseln können. Bei der gewählten Beleuchtungsrichtung liegt der Boden der Schale innerhalb des Ringes im Schatten. Wie man sieht, sammeln sich die Diatomeen bevorzugt innerhalb des Ringes an. Eine kleine Anhäufung erkennt man am oberen Rand der Petrischale, welcher von der Lichtquelle abgewandt ist. Selbst 200 Lux scheinen für diese Spezies unangenehm hell zu sein. Leider zeigen unter unseren Lichtbedingungen nur einige Spezies eine klar erkennbare Phototaxis. In unserer Sammlung betrifft dies Arten der Gattungen Nitzschia und Cymbella.

Erreicht die Population ihre höchste Dichte, dann führt eine hohe Lichtintensität schnell zur Anreicherung der Diatomeen mit Reservestoffen.

 

Hell-dunkel-Zyklus

Zumindest bei hohen Lichtintensitäten kann es bei einer dauerhaften Beleuchtung zu einem Rückgang der Zellteilungsrate kommen (Paasche (1968)). Einige Arten scheinen einen Tag-Nacht-Rhythmus zu bevorzugen. Das gilt insbesondere für frisch isolierte Zellen (Andersen, Kawachi (2005)). Wir verwenden einen Tageszyklus mit einer Hellphase von etwa 12 Stunden pro Tag. Für Massenkultivierung werden mindestens 18 Stunden Hellphase empfohlen (http://www.fao.org/docrep/003/w3732e/w3732e06.htm#b12-2.3.1.2.%20Light).

Hinsichtlich der Lichtintensität erweisen sich Diatomeen als ziemlich robust. Einen Postversand über einige Tage überstehen sie problemlos.

 

Schellenberger, Costa et al., Aureochrome 1a is involved in the photoacclimation of the diatom Phaeodactylum tricornutum. Plos One 8: e74451, 2013.

Davis C.O., Harrison P.J. & Dugdale R.C. (1973) Continuous culture of marine diatoms under silicate limitation I. Synchronized life cycle of Skeletonema costatum. J. Phycol. 9, 175-80.

Paasche E. (1968) Marine plankton algae grown with light-dark cycles. II Ditylum brightwellii and Nitzschia turgidula. Physiologia Pl. 21, 66-77.

Andersen R.A., Kawachi M. (2005) Traditional Microalgae Isolation Techniques. Algal Culturing Techniques, Robert A. Andersen (Editor) Academic Press

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