Anmerkungen zur Flockenbildung und zur Bewegung in Flocken
Die Beobachtungen an Pinnularia in einem Biofilm haben unter anderem gezeigt, dass benthische Diatomeen sich in einer geeigneten Umgebung in einem dreidimensionalen Raum bewegen. Häufig befinden sich die Diatomeen allerdings auf der Oberfläche des Substrats oder des Biofilms. Motile Diatomeen in Kulturen
bewegen sich zwangsläufig nicht mehr in einer Ebene, sondern innerhalb einer mehr oder weniger dicken Schicht, wenn die Populationsdichte so groß wird, dass sie nicht alle gleichzeitig mit dem Substrat in Kontakt sein können. Das Video links zeigt Cymatopleura solea in einer solchen Kultur (4-facher Zeitraffer). Der Fokus des Objektivs liegt in der Ebene des Bodens der Petrischale. Die Diatomeen bewegen sich in gegenseitigem Kontakt miteinander, bilden aber keine homogene räumliche Verteilung. Vermutlich sind hydratisierte extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) die Ursache dafür, dass die Diatomeen lokal zusammenklumpen.
Bei manchen Gattungen formieren sich die Diatomeen auch bei geringerer Populationsdichte zu Flocken. Die Diatomeen sind dabei in einer mehr oder weniger ausgeprägten Matrix aus Schleim gebunden. In Kulturen einer einzigen Spezies und geringer Bakteriendichte wird diese Matrix durch diese Diatomeen-Spezies allein gebildet.
Zunächst soll Cymatopleura elliptica betrachtet werden. Das Video links unten zeigt in 80-fachem Zeitraffer eine Kultur, in der sich viele Diatomeen unabhängig bewegen. Man erkennt jedoch, dass die Diatomeen in bestimmten Bereichen lokal und temporär aneinander haften. Rechts daneben befindet sich ein Video mit Flocken dieser Spezies in unterschiedlichen Größen (300-facher Zeitraffer).
Die Diatomeen kleben offenbar aneinander. Ein EPS-Film zwischen den Diatomeen ist bei den gewählten Vergrößerungen jedoch so dünn, dass er nicht erkennbar ist. Die Bewegungsmöglichkeiten sind durch die Verbindung zu benachbarten Diatomeen stark eingeschränkt. Häufig erkennt man Drehbewegungen um die Kontaktpunkte. Die mechanische Kopplung mehrerer Diatomeen führt zu komplexen Bewegungsabläufen.
Nitzschia sigmoidea bildet ebenfalls Flocken, wie es im Video links unten gezeigt ist (Dunkelfeld, 40-facher Zeitraffer). Eine kleine Flocke in höherer Vergrößerung ist rechts daneben zu sehen (Dunkelfeld, 4-facher Zeitraffer).
Im Dunkelfeld ist bei dieser Vergrößerung der verbindende Schleim gut zu erkennen. Er füllt die Zwischenräume zwischen den Diatomeen vollständig aus. Deshalb spielt auch die Möglichkeit der Bewegung der Diatomeen in einer EPS-Umgebung ohne direkten Kontakt zwischen den Diatomeen eine wesentliche Rolle.
Sauerstoff, der bei der Photosynthese gebildet wird, kann sich manchmal innerhalb der EPS-Matrix zu makroskopischen Bläschen sammeln. Ihr Auftrieb ist in der Lage, die Flocke an die Wasseroberfläche zu befördern, wie dies im Video links zu sehen ist (siehe auch Beitrag zu Diatomeen an der Wasseroberfläche). Bei solchen Flocken liegt ein Biofilm vor, der nicht oder nicht grundsätzlich mit einem Substrat verbunden ist.
Tendenziell vergrößerte sich die Neigung zur Bildung von solchen Flocken bei beiden Spezies mit wachsendem Alter der Kulturstämme. Häufig entfernen sich die Diatomeen nach einer vegetativen Teilung nicht mehr weit voneinander, sondern bleiben durch EPS mehr oder weniger locker gebunden.