Achsen und Ebenen einer Pennaten Diatomee:

  • A-C Apikalachse
  • B-D Transapikalachse
  • E-F Pervalvarachse

  • ABCD Valvarebene
  • BFDE Transapikalebene
  • AECF Apikalebene

 

Beschreibung der Bahnen

Die Verwendung von Videoaufnahmen zur Beobachtung von Diatomeen wurde in Lesley A. Edgar (1979) und Ayumu Murasea et. al (2011)) bereits ausführlich beschrieben. In beiden Veröffentlichungen werden Diatomeen als punktförmige Objekte behandelt, deren Lage durch die Koordinaten in der Ebene beschreibbar ist. Angesichts der manchmal komplexen Bewegungen der Diatomeen müsste eine vollständige kinematische Beschreibung die Lage der Diatomeen im Raum erfassen. Die grundlegenden Achsen und Ebenen einer pennaten Diatomee sind oben schematisch dargestellt (Anklicken zum Vergrößern).

Die Enden der Diatomeen (Apizes) liegen in den Punkten A und C. Die Valven wurden bewusst nicht als Ebenen dargestellt, um anzudeuten, dass es nicht unbedingt nur eine einzige stabile Lage gibt, bei der die Diatomee auf einer Valve aufliegt.

Nachfolgend beschränke ich mich auf Bahnen oder Abschnitte von Bahnen, bei denen die Diatomeen sich weder aufrichten, noch zwischen Valven- und Gürtelbandansicht wechseln. Im Beobachtungszeitraum soll die Valvarebene oder die Apikalebene in guter Näherung parallel zum Substrat liegen.

Manche Diatomeen (Navicula) beobachtet man in der Regel in Valvenansicht, einige meist in Gürtelbandansicht (Nitschia sigmoidea). Wieder andere wechseln häufig zwischen diesen Lagen wie Cymatopleura solea. Die Bewegungsfähigkeit kann sich in diesen beiden Lagen wesentlich unterscheiden. Diatomeen, die in Gürtelbandlage mit ihrer Raphe Kontakt zum Substrat besitzen, können sich ungehindert bewegen (Cymatopleura solea). Wenn die Raphe nicht diesen Kontakt besitzt wie etwa bei einigen Pinnularia, sind nur Rangierbewegungen möglich, bei denen ein Klumpen extrazellulärer polymerer Substanzen (EPS) sowohl am Substrat als auch an der Raphe anhaftet. Der Klumpen wirkt als künstliches Substrat und koppelt die Diatomeen an das Substrat (M.A. Harper & J.F. Harper (1967)). Im Video sieht man in 16-fachem Zeitraffer eine Diatomee der Gattung Pinnularia (Länge ca. 220 µm) in Valvenansicht, die sich mittels zweier Klumpen aus Schleim bewegt. Diese wurden mit Tusche sichtbar gemacht. Die Markierung mit Tusche verdeutlicht auch sehr gut die Aktivität der Raphen. An anderer Stelle soll noch auf diese alte Methode eingegangen werden.

Die Forderung, dass die Valvarebene oder die Apikalebene parallel zur Ebene des Substrats sein soll, ist selten perfekt erfüllt. Ein Beispiel für Abweichungen von dieser Bedingung zeigen die kleinen Bilder von Craticula cuspidata.

Craticula cuspidata Valvenansicht
Craticula cuspidata von der Seite
Craticula cuspidata von vorne

Das erste Bild links ist in der typischen Valvenansicht, die aus vertikaler Blickrichtung auf das Substrat aufgenommen ist, also senkrecht auf die Valvarebene.  Wenn sich Craticula cuspidata gleichförmig bewegt, richtet sie sich so auf, wie dies typisch im zweiten Bild mit Blick auf die Apikalebene zu sehen ist. Man sieht die Diatomee bei Bewegung aus fast horizontaler Blickrichtung nach rechts wandern, quasi „von der Seite“. Da man ihr Spiegelbild am Substrat gut erkennen kann, lässt sich der doppelte Neigungswinkel gegen die Horizontale leicht messen. In diesem Fall beträgt die Neigung etwa 7,5°, aber auch 10° sind keine Seltenheit. Die beobachtete Länge in Valvenansicht ist dann um den Faktor des Cosinus des Neigungswinkels perspektivisch verkürzt. Bei diesem kleinen Winkel macht das weniger als 1% Verkürzung aus, was in Valvenansicht nicht relevant ist und die gegebene Randbedingung ausreichend erfüllt. Zur Beobachtung von Craticula cuspidata aus horizontaler Perspektive gibt es einen eigenen Beitrag.

Das dritte Bild zeigt die Diatomee beim Blick auf die Transapikalebene. Sie bewegt sich auf den Betrachter zu. Hier sind im Video unterschiedliche Neigungen in Folge zu beobachten. Kippt sie um 90°, befindet sie sich in Gürtelbandlage. Ein solches Kippen kann an den Punkten der Bewegungsumkehr, während der Bewegung und als Folge von Kollisionen zwischen Diatomeen geschehen. Innerhalb des analysierten Abschnittes einer Trajektorie soll dies ausgeschlossen werden.

 

Formale Beschreibung der Trajektorie

Zur mathematischen Beschreibung der Trajektorie bieten sich unter den beschriebenen Einschränkungen (Lage auf einer Valve mit geringer Neigung zum Substrat) folgende Koordinaten an:

  • Koordinaten des Mittelpunktes der Diatomee und die Richtung der Apikalachse
  • Koordinaten der beiden Apizes

Die Wahl des kartesischen Koordinatensystems ergibt sich in der Praxis durch die Videoaufnahme.

 

Ayumu Murasea, Yosuke Kubotaa, Shigeyuki Hirayamaa, Yoshikazu Kumashirob, Teruo Okanob, Shigeki Mayamac, Kazuo Umemura (2011) Two-dimensional trajectory analysis of the diatom Navicula sp. using a micro chamber, Journal of Microbiological Methods, Volume 87, Issue 3, Pages 316–319

Lesley A. Edgar (1979) Diatom locomotion: Computer assisted analysis of cine film, British Phycological Journal, 14:1, 83-101, DOI: 10.1080/00071617900650111

M.A. Harper & J.F. Harper (1967) Measurements of diatom adhesion and their relationship with movement, British Phycological Bulletin, 3:2, 195-207, DOI: 10.1080/00071616700650051

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