Quantitative Analyse an direkt anhaftenden Cymbella-Kolonien

 

Wachstum der Kultur

Um das Wachstum der Kultur und der Kolonien quantitativ zu erfassen, wurde die Fläche ermittelt, welche die Diatomeen im sichtbaren Bereich einnehmen. Zunächst wurde die Zahl der Bilder auf 60 Bilder pro Tag reduziert. Diese Auswahl an Bildern wird als Bilderstapel mit Hilfe von ImageJ (Fiji) analysiert. Nach Umwandlung in Grauwerte und Setzen eines Schwellwertes erhält man eine Binärdarstellung, bei der die Diatomeen schwarz auf weiß erscheinen. Die Partikelanalyse („Analyze Particles“) berechnet nun zu jedem Bild die Größe der zusammenhängenden Bildteile in Anzahl von Pixeln, die man in Form einer csv-Tabelle ausgeben kann. Deshalb bietet sich Excel zur weiteren Auswertung und grafischen Aufbereitung an.

Zunächst würde man vermuten, dass die von Diatomeen insgesamt belegte Fläche mit der Entwicklung gleichmäßig ansteigt. Die Diatomeen, die sich bei Helligkeit von den Kolonien lösen, reduzieren entsprechend die Fläche der Kolonien. Im Gegenzug erhöhen die zwischen den Kolonien befindlichen Diatomeen die Gesamtfläche. Es gibt jedoch verschiedene Effekte, die zu Schwankungen führen, welche mit der hell-dunkel-Abfolge korreliert sind. Diatomeen in Kolonien können im Bild überlappen. Weiterhin hängt die Fläche, die eine Diatomee im Bild einnimmt, von ihrer Neigung gegen das Substrat ab. Diese Neigung ist im Mittel unterschiedlich je nach Position in der Kolonie. Die Anzahl von Diatomeen in einer Kolonie ist deshalb nur in grober Näherung proportional zur eingenommenen Fläche. Offenbar fallen bei dem Verfahren die Flächen der einzelnen Diatomeen, die sich außerhalb der Kolonien befinden, überraschend gering aus, wie man bei explizitem Vergleich von Bildern in Dunkelheit und anschließender Helligkeit erkennen kann. Dies kann an Fehlern in Folge der geringen Auflösung oder Effekten bei der Schwellwertbildung liegen. Es wurde deshalb eine Aufteilung der Flächen in einem Bild in Kolonien und einzelne Diatomeen vorgenommen. Die Klassifikation wurde durch exemplarisches Auszählen validiert:

  • Flächen, die kleiner als eine untere Schwelle von wenigen Pixel (ca. 1 bis 4 Pixel) sind, werden aussortiert. Sie entstehen durch kleine Partikel am Substrat und unsaubere Begrenzungen.
  • Alle Gebilde größer als eine obere Schwelle (in dieser Auswertung 70 Pixel) werden als Kolonien gewertet.
  • Alle Flächen dazwischen charakterisieren überwiegend einzelne Diatomeen. Es kann vorkommen, dass zum Beispiel zwei Diatomeen im Bild überlappen und aufgrund ihrer Projektion eine geringe Fläche einnehmen, so dass sie als eine Zelle gezählt werden, obwohl sie entweder zwei Diatomeen oder eine sehr kleine Kolonie darstellen. Dies kommt jedoch selten vor.

In grober Näherung kann man die Anzahl der Diatomeen in den Kolonien durch Division der von ihnen insgesamt eingenommenen Fläche durch eine mittlere Diatomeen-Fläche in einer Kolonie abschätzen. Dieser Umrechnungsfaktor muss geeignet bestimmt werden. Im nachfolgenden Bild sind die Anzahl einzelner Diatomeen (blau) und die Anzahl der Diatomeen in Kolonien (rot) über der Zeit aufgetragen. Die Phasen hellen Lichts sind mit einem gelben Balken verdeutlicht.

Mit Beginn der Hellphase steigt die Anzahl der einzelnen Diatomeen sprunghaft an. Sie fällt im Laufe der Hellphase wieder ab. Spiegelbildlich dazu verringert sich die Fläche der Kolonien. Der Umrechnungsfaktor wurde so gewählt, dass die Summe aus beiden Kurven eine möglichst geringe Abhängigkeit vom Hell-Dunkel-Zyklus aufweist. Eine genaue quantitative Auszählung der Anzahl der Diatomeen, die sich in den Kolonien befinden, ist dies nicht. Das folgende Bild darunter zeigt die Gesamtzahl der Diatomeen, die sich aus der Summe der beiden diskutierten Kurven ergibt. Eine Exponentialfunktion (rote Linie) lässt sich gut anpassen:

Die zugehörige logarithmische Darstellung besitzt zu Beginn der Kultivierung starke Schwankungen, da sich nur wenige Diatomeen im beobachteten Bereich befinden (siehe Anmerkung oben):

 

Bewegungsaktivität

Die Anzahl der zwischen den Kolonien befindlichen Diatomeen lässt sich durch Klassifikation der Größen der Bestandteile eines Bildes bestimmen. Dies entspricht jedoch nicht der Zahl der Diatomeen, die sich bewegen, denn einige Diatomeen bleiben an Ort und Stelle, vor allem bei geringer Helligkeit. Um die Anzahl sich bewegender Diatomeen abzuschätzen, lässt sich das Plugin der Partikelanalyse wieder gut verwenden. Diatomeen der Gattung Cymbella besitzen bei ihrer Bewegung eine charakteristische Geschwindigkeit. Überlagert man zwei Bilder, deren Aufnahmezeitpunkte sich so stark unterscheiden, dass sich bewegende Diatomeen mindestens ihre eigene Länge zurückgelegt haben, dann sind sie auf diesem Bild doppelt zu sehen.

Animation: Überlagerung von 6 Bildern Zum Überlagern nutzt man die Bildung des Minimums, die der Image Calculator anbietet. Im nächsten Schritt werden durch Klassifizierung der Größe die Anzahl einzelner Diatomeen im Überlagerungsbild und im Einzelbild bestimmt. Die Differenz aus beiden Zahlen ergibt die Anzahl der verdoppelt dargestellten Diatomeen, also die Zahl der sich bewegenden Diatomeen. Im Bild links wurden sogar 6 binäre Bilder überlagert, die jeweils im Abstand von einer Minute aufgenommen wurden. Das animierte Bild zeigt solche Überlagerungen in Folge während einer Hellphase. Zur Bestimmung der Anzahl der bewegten Diatomeen wird die Differenz der Anzahl der einzelnen Diatomeen im überlagerten Bild und der Anzahl der einzelnen Diatomeen im nicht überlagerten Bild durch 5 geteilt, da die bewegten Diatomeen zusätzlich 5-mal erscheinen. Insgesamt wird zur Bewertung der Bewegungsaktivität ein Zeitraum von 5 Minuten herangezogen, in dem sich die Größe der Kolonien noch nicht wesentlich ändert. Im Bild darunter ist die Bewegungsaktivität der Diatomeen über die letzten 10 Tage der Beobachtungszeit dargestellt:

Offenbar fällt die Bewegungsaktivität nach Einsetzen der Hellphase wieder schnell ab. Dies stellt jedoch nur ein Beispiel dar. Man kann Cymbella-Spezies beobachten, die in der ganzen Hellphase hohe Bewegungsaktivität zeigen. Das bereits gezeigte Video zur Aktivität in Hell- und Dunkelphase zeigt das gut.

Es ist von einer starken Abhängigkeit von der Lichtintensität auszugehen. Es genügt, die Kultur unter die starke Beleuchtung des inversen Mikroskops zu bringen, um die Diatomeen zu jeder Zeit zu aktivieren. Wie dargestellt, kann man bei hohen Lichtintensitäten die Kolonien zu einem erheblichen Maße auflösen.

Das beschriebene Verfahren zur Bestimmung der Aktivität ist zwar einigermaßen bequem durchführbar, aber auch fehlerbehaftet. Manchmal stellen Diatomeen im Zeitraum der Überlagerung ihre Bewegung ein oder nehmen sie wieder auf. Diatomeen können in den beobachteten Bereich eintreten oder ihn verlassen. Auch die Kolonien ändern in gewissem Umfang durch Bewegung von Diatomeen ihre Form. Insbesondere bei hohen Dichten können Abbilder von Diatomeen in einer Überlagerung mit Bildern anderer Diatomeen überlappen, die sich zu einem anderen Zeitpunkt dort befanden. Bei dem hier vorliegenden Fall kleiner Diatomeen und eines großen beobachteten Bereiches liegt die Schwierigkeit vor allem in der Qualität der binären Bilder. Dies äußert sich in ungenauer Klassifizierung. Dennoch halte ich das Verfahren für einen einfachen und guten Ansatz, vor allem im Vergleich zur mühsamen manuellen Auszählung.

 

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